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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 26.10.2000
Aktenzeichen: 8 UE 3924/95
Rechtsgebiete: GewO


Vorschriften:

GewO § 33 D
GewO § 33 H Nr. 3
1. Ein Geschicklichkeitsspiel liegt in Abgrenzung zu einem Glücksspiel gemäß § 33 h Nr. 3 und § 33 d GewO dann vor, wenn die Trefferquote von einem Durchschnittsspieler durch den Einsatz seiner Geschicklichkeit um mehr als das Doppelte der Zufallstrefferquote erhöht werden kann und die Trefferquote im Verhältnis zur Nichttrefferquote noch als wesentlich anzusehen ist.

2. Ein Treffer ist nicht erst bei einem im Vergleich zum Einsatz erzielten Gewinn, sondern schon dann anzunehmen, wenn die vom Spiel gestellte Aufgabe so erfüllt ist, dass daran nach dem Spielplan eine für den Spieler günstige Folge geknüpft ist, wie etwa ein Freispiel oder eine Rückgabe des Spieleinsatzes.


Tatbestand:

Der Kläger ist Konkursverwalter der Rechtsnachfolgerin der R. Handels GmbH, einer Spielautomatenherstellerin. Er begehrt die Erteilung einer gewerberechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung durch das Bundeskriminalamt (BKA) für das Krangreiferspiel "Good Luck II (neu)".

Im Jahre 1987 war der R. Handels GmbH eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für das Krangreiferspiel "Good Luck II (alt)" erteilt worden. Die Aufgabe des Spiels bestand darin, mit einem durch Tastendruck zu steuernden Kranarm eine von mehreren Kunststoffkugeln von einer rotierenden Scheibe herunterzugreifen. Mit Schreiben vom 16. November 1992 stellte die R. Handels GmbH beim BKA einen Antrag auf Erneuerung dieser Unbedenklichkeitsbescheinigung für das Nachfolgemodell "Good Luck II (neu)". Dieses verfügt über eine geänderte Kugelgröße, eine Greifersteuerung durch Joystick statt durch Tasten, eine veränderte Laufgeschwindigkeit der Drehscheibe sowie einen veränderten 5-stufigen Gewinnplan mit einem von 100,00 DM auf 20,00 DM verminderten Höchstgewinn. Den Antragsunterlagen waren Ergebnisse von insgesamt 1.000 Einzelspielen von zehn verschiedenen Probespielern beigefügt, wonach die Trefferquoten zwischen 31 % und 65 % und die durchschnittliche Trefferquote bei 48,8 % lag. Mit Schreiben vom 10. Dezember 1992 teilte das BKA der R. Handels GmbH mit, dass die dargestellten Änderungen gegenüber "Good Luck II (alt)" wesentlich seien, eine erneute Prüfung erforderlich machten und der Antrag deshalb als Neuantrag behandelt werde, womit sich die R. Handels GmbH mit Schreiben vom 15. Dezember 1992 einverstanden erklärte. Am 20. August 1993 lieferte die R. Handels GmbH dem BKA absprache gemäß zu Testzwecken einen Prototyp des "Good Luck II (neu)", auf dem bei einem Spieleinsatz von jeweils 1,00 DM folgender Gewinnplan verzeichnet war:

1. Stufe 1,00 DM 2. Stufe 1,00 DM 3. Stufe 1,00 DM 4. Stufe 2,00 DM 5. Stufe 5,00 DM .

Mit am 18. Januar 1994 zugestelltem Bescheid vom 6. Januar 1994 lehnte das BKA die Erteilung der beantragten Unbedenklichkeitsbescheinigung für das Spiel "Good Luck II (neu)" mit der Begründung ab, dass es sich nicht um ein zulässiges Geschicklichkeits-, sondern um ein Glücksspiel handele, bei dem es einem Spieler nicht möglich sei, das Spielergebnis durch Anwendung von Geschicklichkeit so wesentlich zu seinen Gunsten zu beeinflussen, dass einer Trefferquote von mehr als 50 % erreicht werde. Der Spielausgang hänge deshalb überwiegend vom Zufall, nämlich dem Wirken unberechenbarer und damit dem Einfluss des Spielers entzogener Ursachen ab. Durch sechs Probespieler seien nämlich in insgesamt 1.400 Einzelspielen 462 Treffer erzielt worden, was einer Trefferquote von lediglich 33 % entspreche.

Nachdem die R. Handels GmbH bereits am 11. Januar 1994 beim Verwaltungsgericht Wiesbaden Klage auf Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung erhoben hatte, hat sie unter dem 25. Januar 1994 Widerspruch gegen die Antragsablehnung erhoben, den das BKA mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 1994 zurückgewiesen hat. Zur Begründung ihrer Klage hat die R. Handels GmbH im Wesentlichen vorgetragen, bei "Good Luck II (neu)" handele es sich lediglich um eine Abwandlung von "Good Luck II (alt) ", das 1987 noch als Geschicklichkeitsspiel eingeordnet worden sei. Auch "Good Luck II (neu)" stelle ein Geschicklichkeitsspiel dar, bei dem die Trefferwahrscheinlichkeit sogar höher sei als bei "Good Luck II (alt)". Der Prüfansatz des BKA sei methodisch falsch. Die Anzahl der Fehltreffer erlaube keine Aussage über die Zufallsabhängigkeit eines Spiels. Würde man jeden Nichttreffer dem Zufallsbereich zuordnen, könne es gar keine reinen Geschicklichkeitsspiele mehr geben. Der vom BKA von 1982 bis 1990 verwendete Prüfansatz, ob nämlich durch Geschicklichkeit mehr als eine Verdoppelung der statistischen Zufallstreffer erzielt werden könne, sei sachgerechter. Auch hier zeige sich an den unstreitig unterschiedlichen Erfolgsquoten der einzelnen Spieler in Testspielen eine erhebliche Steuerbarkeit des Spielgeschehens. Der Spielanreiz liege auch nicht im Vertrauen des Spielers auf sein Glück, sondern in dem durch die Erprobung der eigenen Geschicklichkeit erzielten Unterhaltungswert des Spielgeschehens selbst. Die vom BKA jetzt gewählte Kombination einer 50 % übersteigenden Trefferquote mit einer nennenswerten Steigerung der Erfolgsquote bei zielgerichtetem Spiel gegenüber der Blindspielquote führe dazu, dass ein Geschicklichkeitsspiel in diesem Sinne nicht wirtschaftlich betrieben werden könne.

Demgegenüber hat die Beklagte zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages auf die Begründung ihrer Bescheide Bezug genommen und u.a. ergänzend darauf hingewiesen, dass die Verlängerung der Unbedenklichkeitsbescheinigung für "Good Luck II (alt)" im Jahre 1993 bestandskräftig versagt worden sei. Bei einem Einphasenspiel wie "Good Luck II (neu)" führe - anders als bei Zielscheibenspielen - bereits ein Fehlgriff in der Anfangsphase zur Beendigung des gesamten Spiels. Hier müsse die Abgrenzung zwischen Geschicklichkeits- und Glücksspiel allein nach der 50 %-Methode erfolgen, wobei die Spielstärke eines Durchschnittsspielers und nicht die der unstreitig zum Teil technisch besonders versierten Testspieler der R. Handels GmbH zugrunde zu legen sei. Der zu erzielende Gewinn sei abzüglich des jeweiligen Einsatzes zu ermitteln und nicht einfach mit dem im Erfolgsfall ausgezahlten Betrag gleichzusetzen.

Mit Urteil vom 10. November 1995 - 5/3 E 32/94 - (GewArch 1996 S. 68 f.) hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Das Spiel "Good Luck II (neu)" sei zwar im mathematischen Sinne ein gemischtes Spiel, dessen Ausgang sowohl durch die dem Einfluss des Spielers entzogene Drehscheibe als auch durch seine Geschicklichkeit bei der Bedienung des Greifarms beeinflusst werde. Es stelle aber im Rechtssinne ein Glücksspiel dar, weil der Durchschnittsspieler nicht in der Hälfte aller Spiele einen Treffer erreiche. Auch ein im mathematischen Sinne reines Geschicklichkeitsspiel könne auf Grund seines hohen Schwierigkeitsniveaus ein Glücksspiel im Rechtssinne sein. Das sei ohne Rücksicht auf die Frage, wie stark die Einflussmöglichkeit des Spielers auf den Ausgang des Spieles sei - Steigerungsrate der Gewinnwahrscheinlichkeit gegenüber dem Blindspiel - jedenfalls dann der Fall, wenn das für Gewinn oder Verlust erforderliche Geschicklichkeitsniveau - der Schwierigkeitsgrad - so hoch sei, dass dem durchschnittlichen Spieler der Erfolg überwiegend versagt bleibe. Das nicht erreichbare Geschicklichkeitsniveau zwinge den dahinter zurückbleibenden Spieler, das Spiel "auf gut Glück" zu spielen. Das unerreichbare Geschicklichkeitsniveau stehe dem Zufall gleich. Dabei müsse die Möglichkeit der Steigerung der individuellen Fähigkeiten eines bestimmten Spielers durch einen Lernprozess außer Betracht bleiben, weil auf den statistischen Durchschnittsspieler abzustellen sei. Für die Einordnung als Glücks- oder als Geschicklichkeitsspiel sei die Wirtschaftlichkeit des Spiels für den Betreiber unerheblich. Zudem hänge die Frage, ob der Veranstalter Gewinn oder Verlust mache, nicht nur von der Häufigkeit der Gewinnereignisse, sondern auch von der Relation des Wertes der Einzelgewinne zum Einzeleinsatz ab.

Nachdem die R. Handels GmbH am 16. November 1995 gegen das am 18. Oktober 1995 zugestellte Urteil Berufung eingelegt hatte, ist im Mai 1997 das Konkursverfahren über das Vermögen ihrer Rechtsnachfolgerin eröffnet und das Verwaltungsstreitverfahren im Juni 1998 vom Kläger als Konkursverwalter aufgenommen worden. Zur Begründung der Berufung macht er im Wesentlichen geltend: Bei der Auslegung der gewerberechtlichen Vorschriften über Glücks- und Geschicklichkeitsspiele könne vom umgangssprachlichen Wortsinne ausgegangen werden. Die Trefferquote sage nichts über den Anteil des Zufalls am Erfolg und über die Beeinflussbarkeit des Ergebnisses durch Geschicklichkeit aus und sei deshalb als Abgrenzungskriterium ungeeignet. Das Verwaltungsgericht verwechsele den Schwierigkeitsgrad des Spieles mit dessen Zufallsabhängigkeit. Die Argumentation des Verwaltungsgerichts stelle die Unterscheidung zwischen Glücks- und Geschicklichkeitsspielen auf den Kopf. Bei Spielen mit geringem Schwierigkeitsgrad, also Geschicklichkeitsspielen im Sinne des Verwaltungsgerichts, seien alle Spieler in gleicher Weise erfolgreich, so dass zwischen ihnen nur noch der Zufall entscheide. Bei Spielen mit hohem Schwierigkeitsgrad hingegen, nämlich Glücksspielen im Sinne des Verwaltungsgerichts, würden sich unabhängig vom Zufall die geschickteren Spieler letztlich durchsetzen. Sei für den einzelnen Spieler der Schwierigkeitsgrad bei einem Geschicklichkeitsspiel wie "Good Luck II (neu)" zu hoch, werde er nicht im Vertrauen auf sein Glück immer weiter spielen, sondern letztlich vor den Schwierigkeiten kapitulieren. So bestünde keine Gefahr vermögensgefährdender Spieleinsätze. Der Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung stehe deshalb auch nicht die Gefahr unangemessen hoher Verluste in kurzer Zeit entgegen. Nach einer vom BKA vorgenommenen Prüfung bestehe bei einer Stunde ununterbrochenen Spiels unter Berücksichtigung der zwangsläufig erfolgenden Erstattungen ein theoretischer Maximalverlust von 113,00 DM, wobei Pausen und Gewinne in angemessenem Umfang nicht berücksichtigt seien, so dass für einen Durchschnittsspieler der denkbare Maximalverlust deutlich unter 100,00 DM in der Stunde liegen dürfe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 10. Oktober 1995 den Bescheid der Beklagten vom 6. Januar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, für das Spiel "Good Luck II (neu)" eine Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 33 d GewO zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält für die Abgrenzung von Glücks- und Geschicklichkeitsspielen an dem Kriterium einer Trefferquote von mehr als 50 % fest. Wenn - wie hier - ein Durchschnittsspieler den Ausgang des Spiels unter Einsatz von Geschicklichkeit nicht so wesentlich beeinflussen könne, dass die Treffer die Nichttreffer überwiegen, ihm sich insofern auch insgesamt keine Gewinnchance aus dem Gewinnplan eröffne und der Veranstalter in der Mehrzahl der Einzelspiele auf jeder Stufe des Spiels der alleinige Gewinner sei, handele es sich um ein Glücksspiel. Dabei sei Gewinn nicht mit dem im Falle eines Erfolges ausgezahlten Betrag gleichzusetzen, sondern ergebe sich aus der Auszahlung abzüglich des geleisteten Einsatzes. Im Übrigen sei ein Geschicklichkeitsspiel gemäß § 8 Abs. 1 der Spielverordnung nicht erlaubnisfähig, bei dem nicht mehrere Spieler turniermäßig um die geleisteten Einsätze im Wettbewerb stünden und der Automat für den Veranstalter lediglich eine prozentuale Spielabgabe vom Gesamteinsatz einbehalte, sondern der Veranstalter mittels des Mediums Automat als Gegenspieler zum Spieler auftrete. Da hier ein Glücksspiel vorliege, habe der Versagungsgrund "unangemessen hoher Verluste in kurzer Zeit" nicht geprüft werden müssen; dieser sei bei einem Maximalverlust für den Durchschnittsspieler von 113,00 DM/Std. auch nicht anzunehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Das von der R. Handels GmbH fristgemäß eingeleitete Berufungsverfahren ist von dem Kläger als Konkursverwalter gemäß § 10 der Konkursordnung wirksam aufgenommen worden. Da er das hier streitige Spielgerät vermarkten will, hat er auch ein rechtsschutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des abweisenden Urteils und der Erteilung der von der R. Handels GmbH beantragten Unbedenklichkeitsbescheinigung.

Die Berufung ist begründet, denn das Verwaltungsgericht hat die zulässige Verpflichtungsklage der R. Handels GmbH zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht mangels entgegenstehender Versagungsgründe ein von der R. Handels GmbH abgeleiteter Anspruch auf Erteilung der unter dem 16. November/15. Dezember 1992 beantragten Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 33 d Abs. 2 und 33 e GewO für das Spiel "Good Luck II (neu)" zu, wobei die dem am 20. August 1993 angelieferten Prototyp entsprechende Spieleinrichtung mitsamt dem beigefügten Spiel - und Gewinnplan maßgebend ist.

Der Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung steht nicht gemäß § 8 Abs. 1 der Spielverordnung i.d.F. vom 11. Dezember 1985 (BGBl. I S. 2244) - SpielV - der Umstand entgegen, dass das Spiel "Good Luck II (neu)" nicht im Wettbewerb mehrerer Spieler untereinander, sondern nur von einem Spieler gespielt wird. Diese im III. Teil der Spielverordnung über die "Verpflichtungen bei der Ausübung des Gewerbes" enthaltene Vorschrift, die dem Aufsteller eines Spielgerätes oder dem Veranstalter eines anderen Spiels eine eigene Teilnahme untersagt, kann schon im Hinblick auf die in Art. 12 und Art. 14 GG geschützte Gewerbefreiheit und auf Grund der beschränkten Ermächtigung in § 33 f GewO keinen eigenständigen, über die in der Gewerbeordnung gesetzlich geregelten Versagungsgründe hinausgehenden Versagungsgrund aufstellen. Es ist auch fraglich, ob sie vom BKA im Rahmen der Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung überhaupt zu prüfen ist, denn eine solche enthält nach § 4 der Verordnung zur Erteilung von Unbedenklichkeitsbescheinigungen i.d.F. vom 10. April 1995 (BGBl. I S. 510) - UnbBeschErtV - in Bezug auf die Spielverordnung nur gemäß Nr. 5 eine Bezeichnung der Plätze, an denen das Spiel veranstaltet werden darf. Jedenfalls ist § 8 Abs. 1 SpielV - wie schon sein (weiterer) Wortlaut zeigt - auch nur dahin zu verstehen, dass der Veranstalter in seiner Person oder durch beauftragte oder in seinem Unternehmen beschäftigte Personen an dem Spiel nicht teilnehmen darf. Die konstruierte Auffassung des BKA. dass er "mittels des Mediums Automat als Gegenspieler zum Spieler auftritt", ist dort nicht gemeint.

Bei dem Spiel "Good Luck II (neu)" handelt es sich auch nicht um ein Glücksspiel, für das gemäß § 33 h Nr. 3 GewO keine Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt werden dürfte, sondern um ein Geschicklichkeitsspiel.

Die Abgrenzung von Glücksspiel und Geschicklichkeitsspiel bestimmt sich nach der - auch vom Senat zugrunde gelegten - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. u.a. Urteile vom 28. September 1982 - 1 C 139.80 - GewArch 1983 S. 60, vom 9. Oktober 1984 - 1 C 20.82 - GewArch 1985 S. 59 und vom 11. März 1997 - 1 C 26.96 - GewArch 1997 S. 287) danach, ob das Spielergebnis, also die Entscheidung über Gewinn und Verlust, allein oder hauptsächlich vom Zufall bestimmt wird bzw. überwiegend von unberechenbaren, dem Einfluss der Beteiligten in ihrem Durchschnitt entzogenen Faktoren abhängt, oder ob das Spielergebnis unter Zubilligung einer Einübungsphase von einem durchschnittlich befähigten Spieler durch den Einsatz seiner Geschicklichkeit wesentlich verbessert werden kann, d.h. ob der Spieler bei Anwendung der ihm zu Gebote stehenden körperlichen und geistigen Gaben zu einer Gewinnsteigerung in der Lage ist. Dieser Abgrenzung wird nach Auffassung des Senats die - früher auch vom BKA angewandte - Methode des Vergleichs der Zufalls- mit den Geschicklichkeitstreffern gerecht, wonach ein Geschicklichkeitsspiel dann angenommen werden kann, wenn die dem Spiel immanente Zufallstrefferquote (Wahrscheinlichkeitsberechnung, Spielselbstläufe, Simulation der Spielläufe oder Blindversuche) durch den Einsatz der Geschicklichkeit eines Durchschnittsspielers "wesentlich verbessert", also die Trefferquote durch Geschicklichkeit mehr als verdoppelt werden kann, weil dann das (positive) Spielergebnis nicht allein oder überwiegend vom Zufall abhängt (vgl. dazu Schilling, GewArch 1995 S. 318 ff.). Dabei ist als Treffer nicht erst ein im Vergleich zum Einsatz erzielter Gewinn, sondern bereits die Erfüllung der vom Spiel gestellten Anforderungen (hier: das Greifen der Kugel mit dem Kran) zu sehen, wenn der Spielplan daran für den Spieler günstige Folgen knüpft, wie etwa schon ein Freispiel oder - wie hier - die Rückgabe des Einsatzes (und die Eröffnung der Weiterspielmöglichkeit). Die vom BKA nunmehr zugrundegelegte Relation zwischen Trefferquote und Nichttrefferquote (vgl. dazu Dickersbach, WiVerw 1985 S. 23 ff. und GewArch 1998 S. 265 ff.) erscheint demgegenüber zur Abgrenzung von Glücks- und Geschicklichkeitsspiel grundsätzlich ungeeignet, weil sie lediglich Ausdruck der Aufgabenschwierigkeit ist und bei dieser Methode die Nichttrefferquote insgesamt dem Zufallsbereich zugewiesen wird, obwohl bei reinen Geschicklichkeitsspielen unter "normalen" Bedingungen Nichttreffer auch auf Ungeschicklichkeit beruhen können. So muss nach dieser 50 %-Methode auch ein von den Anforderungen her ganz einfaches Geschicklichkeitsspiel mit einer Trefferquote über 50 % oder gar in der Nähe von 100 % als Geschicklichkeitsspiel angesehen werden, auch wenn die Trefferquote und damit das Spielergebnis durch den Einsatz von Geschicklichkeit kaum oder gar nicht beeinflusst werden kann.

Die Abgrenzungsmethode der Gegenüberstellung von Zufalls- und Geschicklichkeitstrefferquote bedarf allerdings - insoweit in Übereinstimmung mit dem vorliegend angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden - dann einer Korrektur, wenn die Geschicklichkeitsanforderungen so hoch sind, dass sie von einem Durchschnittsspieler nicht oder kaum erreichbar sind und eine Blindtrefferquote zwar durch Geschicklichkeit noch mehr als verdoppelt werden kann, die Trefferquote aber insgesamt wegen des hohen Schwierigkeitsniveaus im Verhältnis zur Nichttrefferquote so gering ist, dass diese "Gewinnsteigerung" nicht mehr als "wesentlich" und das Spielergebnis deshalb als zufallsabhängig angesehen werden muss; dann wird aus einem zu schweren Geschicklichkeitsspiel im mathematischen Sinne ein Glücksspiel im Rechtssinne. Im Übrigen besteht für die vom BKA vorgenommene ausweitende Auslegung des § 33 h Nr. 3 GewO anhand der 50 %-Abgrenzung aber kein Bedürfnis, weil die Frage eklatant niedriger Trefferquoten im Sinne fehlender Gewinnerwartung im Rahmen des Versagungsgrundes gemäß § 33 e Abs. 1 Satz 1 GewO berücksichtigt werden kann, nämlich ob deshalb die Gefahr besteht, dass die Spieler unangemessen hohe Verluste in kurzer Zeit erleiden.

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist das Spiel "Good Luck II (neu)" als Geschicklichkeitsspiel anzusehen, denn in der Spielprüfung des BKA ist die Blindspieltrefferquote von 16 % unter Einsatz der Geschicklichkeit der Spieler des BKA auf eine Trefferquote von 33,9 % erhöht, also mehr als verdoppelt worden, ohne dass es auf die von den Mitarbeitern der R. Handels GmbH erzielten Ergebnisse ankäme. Bei einer solchen Trefferquote kann nach Auffassung des Senats entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht von einem unerreichbaren oder praktisch unmöglichen Geschicklichkeitsniveau im obigen Sinne gesprochen werden.

Schließlich ist auch der Versagungsgrund des § 33 e Abs. 1 Satz 1 GewO, dass der Spieler nämlich unangemessen hohe Verluste in kurzer Zeit erleidet, bei dem hier möglichen Maximalverlust eines Durchschnittsspielers von 113,00 DM/Std. nicht gegeben. Dabei kann die Höhe der Verlustgefahr nicht mit der Höhe des Einsatzes und damit mit dem theoretischen Maximalverlust gleichgesetzt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Oktober 1984 a.a.O. S. 61 f.).

Nach alledem ist der Berufung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten und über die Abwendungsbefugnis beruhen auf § 167 Abs. 2 und Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, weil die entscheidungserhebliche Frage von grundsätzlicher Bedeutung ist, ob für die Abgrenzung zwischen Glücks- und Geschicklichkeitsspiel gemäß § 33 d Abs. 2 und § 33 h Nr. 3 GewO unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darauf abzustellen ist, ob die Trefferquote die Nichttrefferquote überschreitet oder ob innerhalb des Trefferanteils die Zufallsquote durch den Einsatz von Geschicklichkeit mehr als verdoppelt wird.

Ende der Entscheidung

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